Die Bilanzpolitik von mittelständisch geprägten Familienunternehmen unterliegt anderen Gepflogenheiten als die von Konzernen. Neben dem Erhalt finanzieller Mittel im Betrieb steht regelmäßig auch die Optimierung der Steuerlast im Vordergrund. Im Rahmen der steuerrechtlichen Möglichkeiten bleibt dies auch unveränderte Maßgabe für den konservativ bilanzierenden Kaufmann: Selbst Altkanzler Helmut Schmidt hat hierzu durch sein Bonmot „Wer die Pflicht hat, Steuern zu zahlen, der hat auch das Recht, Steuern zu sparen“ ermutigt.

Sofern jedoch ein Verkauf des Unternehmens – etwa anlässlich einer geplanten Unternehmensnachfolge – ansteht, gelten andere Grundsätze. Im Hinblick auf die Attraktivität des Unternehmens gegenüber potenziellen Investoren ist oberste Maxime, sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, sondern die Werte des Unternehmens transparent darzustellen. Hierzu zählen insbesondere stille Reserven in der Bilanz, die nach Möglichkeit nicht still bleiben sollten, selbst wenn sich durch die Hebung kurzfristig eine höhere Steuerlast ergibt.

Steueroptimierungen und Pensionsrückstellungen auflösen

Grundsätzlich gilt, dass alle Bilanzpositionen, die nicht eindeutig dem Unternehmen zurechenbar sind, die Bilanz verlassen sollten und die Bilanzsumme soweit wie möglich verringert werden sollte. Auf der Aktivseite zählen hierzu häufig Fahrzeuge und seltener Immobilien, sofern diese jeweils auch privat genutzt werden. Auf der Passivseite ist der größte Posten zumeist eine Pensionsrückstellung des Unternehmensinhabers. Diese sollte ebenfalls im Wege einer Rückdeckung per Versicherungslösung die Bilanz verlassen. Sofern möglich sollten auch Gesellschafterdarlehen früh- zeitig zurückgeführt oder ersetzt werden. Übergeordnetes Ziel ist es, die Sphären des Altgesellschafters und des zu veräußernden Unternehmens bereits im Vorfeld des Veräußerungsprozesses klar voneinander zu trennen. Dies hat zudem den positiven Nebeneffekt, dass sich die Bilanzkenn- zahlen zumeist verbessern

Bewertungen am Marktwert ausrichten

Sämtliche Vermögensgegenstände sollten auf den realistischen Verkehrs- wert hin überprüft werden. Ist der Forderungsbestand angemessen wertberichtigt? Sind Warenlager und Vorratsvermögen realistisch bewertet oder wurden Bilanzierungsspielräume genutzt? Generell gilt im Vorfeld einer Unternehmensveräußerung, das Vorratsvermögen gering zu halten und Altbestände und Ladenhüter zu bereinigen. Auch das Anlagevermögen ist auf den plausiblen Verkehrswert oder Wiederbeschaffungswert hin zu über- prüfen. In Zweifelsfällen ist ein externes Wertgutachten einzuholen. Natürlich können sich dabei sowohl stille Reserven als auch Lasten ergeben.

Auf der Passivseite sind insbesondere Rückstellungen auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Sind beispielsweise Gewährleistungsrückstellungen wirklich in der bilanzierten Höhe erforderlich? Ist die Nutzung der Ansparrückstellungen tatsächlich geplant? Angesichts des beabsichtigten Verkaufs sollten alle größeren Investitionen ohnehin zurückgestellt wer- den bzw. die Entscheidung dem neuen Eigentümer überlassen werden. Bei konservativ geführten, profitablen Unternehmen sind stille Reserven in der Bilanzierung von Rückstellungen nicht selten.

Rechtzeitig mit der Bilanzbereinigung beginnen

Bei einer Unternehmensveräußerung sind wenigstens die letzten drei Geschäftsjahre von besonderer Bedeutung. Sie stehen bei der Due Diligence durch den Erwerber im Fokus. Umgekehrt heißt dies natürlich, dass der Unternehmer sich bereits weit vor seinem geplanten Rückzug mit dem Thema Bilanzierung befassen sollte. In diesem Zeitraum sollten auch keine wesentlichen langfristig bindenden Verträge mehr eingegangen werden, die die Gewinn- und Verlustrechnungen nach Unternehmensveräußerung belasten würden. Die Abkehr von der steueroptimierten, konservativen Bilanzierung kann in diesen Geschäftsjahren zu einer erhöhten Steuerlast führen. Allerdings verbessern sich auch das operative Ergebnis und die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen des Unternehmens. Die letzten drei Geschäftsjahre stehen bei der Vergangenheitsanalyse im Rahmen der Unternehmensbewertung im Vordergrund und tragen maßgeblich zur Plausibilisierung der Planzahlen bei. Da die Unternehmensbewertung letztlich nichts anderes ist als die „Verbarwertung“ der Planergebnisse, erhöht sich so auch der später erzielbare Kaufpreis.

Natürlich kann man die Analyse und die Aufdeckung der Bilanzreserven auch dem Unternehmensbewerter oder Investor überlassen. Wie überall existiert aber auch im Markt für Unternehmenstransaktionen ein scharfer Wettbewerb. Daher muss der erste Blick auf die Zahlen stimmen, um die richtigen Investoren anzulocken und ein nachhaltiges Interesse am eigenen Unternehmen zu erzeugen. Zur Optimierung der Kaufpreiskonditionen gilt erfahrungsgemäß der Satz: Tue Gutes und rede darüber!

Autor:

Wolfgang A. Bürger

Rechtlich selbständiger Partner bei KERN, Unternehmensnachfolge. Erfolgreicher.

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