Was ist Zeit? Es scheint eine Eigenart der Zeit zu sein, dass sie uns durch die Finger gleitet, sich nicht fassen lässt; im Leben, im Denken und schließlich auch im Entscheiden. Diesen unergründlichen Charakter der Zeit stellte Augustinus bereits im 4. Jahrhundert heraus und umreißt damit eine grundlegende Frage, die auch viele Firmeninhaber irgendwann einmal beschäftigt – wann ist der richtige Zeitpunkt zum „Loslassen“ und wie lange dauert denn überhaupt mein Firmenverkauf. Diesem zweiten Punkt wollen wir uns im Rahmen dieses Artikels widmen.

Anders als bei Besorgungen des täglichen Lebens oder auch der Entscheidung und Buchung einer Urlaubsreise tritt jede(r) Firmeninhaber*in mit der Entscheidung, sein / ihr Lebenswerk zu verkaufen, in einen längeren Prozess ein. Dieser sollte aus unserer Erfahrung klar geplant und strukturiert durchgeführt werden, um Missverständnisse auf allen Seiten auszuschließen und ein gutes Ergebnis, sowohl für den Verkäufer aber auch den Käufer zu erzielen. Entgegen landläufiger Meinung ist nicht das Finden eines potenziellen Käufers die Schwierigkeit, sondern das erfolgreiche Managen des gesamten Prozesses mit dem Ziel final einen Kaufvertrag zu unterzeichnen.

Welche Phasen umfasst der klassische Unternehmensverkauf?

Nachdem die Entscheidung zum Verkauf getroffen ist (was in der Praxis zum Teil mehrere Monate bis Jahre hin gedauert hat – siehe auch der Artikel: „Gute Planung als Grundlage einer erfolgreichen Unternehmensübergabe“ unseres Kollegen Axel Bergmann) folgen erfahrungsgemäß diese vier Phasen bis zum erfolgreichen Vertragsabschluss:

Phase 1 – Vorbereitung:

„Eine gute Vorbereitung ist alles“ sagt schon der Volksmund. Dies gilt für ein so elementares Ereignis im Leben der meisten Inhaber umso mehr. In der Vorbereitungsphase sollten sich die Verkäufer nicht nur ein klares Bild davon machen, was genau verkauft werden soll (so z. B. nur das Unternehmen, oder auch die Immobilien, ggf. separat mögliche Patente oder Zertifikate usw.), sondern den gesamten Prozess des Firmenverkaufes schon mal vordenken.

Warum ist das so entscheidend? Je nach Art und Umfang des Verkaufs sind entsprechende Unterlagen zusammenzutragen, klar zu sortieren und strukturieren und auch „empfängergerecht“ aufzubereiten.

Neben der Zusammenstellung der Unterlagen ist es bereits an dieser Stelle sinnvoll, eine aussagefähige Unternehmensbewertung zu erstellen. Diese wird meist durch den Steuerberater oder einen Spezialisten erstellt, so dass über ein Planszenario der Wert des Unternehmens ermittelt wird. Dieser Wert repräsentiert zwar noch nicht den tatsächlich erreichbaren und/oder vereinbarten Kaufpreis, gibt aber bereits eine gute Richtschnur für die späteren Verhandlungen.

Über die Unternehmensbewertung hinaus wird eine repräsentative Darstellung des Unternehmens und des Geschäftsmodells in Form eines Exposés (in Papierform und elektronisch) für den weiteren Verkaufsprozess erstellt. Dies ermöglicht einem engeren Interessentenkreis Einblick in das Unternehmen zu erlangen.

Dauer Phase 1: 1 – 4 Monate

Diese Zeit ist wohl investiert, da sich spätestens bei den ersten Verhandlungen mit den potenziellen Kaufinteressenten die gute Vorbereitung zeitlich und inhaltlich rechnet. Berücksichtigt werden müssen hierbei auch weitere Partner wie z. B. Steuerberater, die in der Vorbereitung Zulieferfunktion (z. B. durch die Jahresabschlüsse usw.) haben.

Phase 2 – Käufersuche:

Nachdem nun die vertriebsrelevanten Unterlagen im Sinne eines Exposés (ergänzt um einen Teaser als anonymisierte „Kurzfassung“ des Exposés) sowie die Unternehmensbewertung vorliegen, beginnt der eigentliche Vertrieb, sprich die Suche passender Käufer. Hierbei hat sich gezeigt, dass der Satz „one-size-fits-all“ speziell beim Verkauf von Unternehmen nichtzutreffend ist. Je nach Art, Branche und Größe des Unternehmens müssen unterschiedliche Vertriebswege in Betracht gezogen werden. Kleinere und mittlere Unternehmensverkäufe werden über andere öffentliche Börsen angeboten als größere Unternehmen. Branchenbezogen gibt es ebenso „passendere“ oder „weniger passende“ Plattformen.

Darüber hinaus werden viele Transaktionen (vor allem in mittleren und größeren Kaufpreisregionen) über nicht-öffentliche Plattformen und Netzwerke präsentiert. Sie sind also nur Insidern vorbehalten.

Bezogen auf den Vertriebsweg sollte sich der Verkäufer ebenso klar positionieren, um auch auf die „passenden“ Kaufinteressenten zu treffen.

Neben den Börsen spielen oftmals auch Direktansprachen (von Mitwettbewerbern, Investoren und weiteren) sowie verdeckte Suchen eine immer größere Rolle, da in einzelnen Branchen der Käufermarkt sehr überschaubar ist.

Mit Start der Veröffentlichung werden meist direkt eine hohe Anzahl an Interessenten auf das zu verkaufende Unternehmen aufmerksam. Die Herausforderung nach der anfänglichen Euphorie über die vielen Kontakte ist es, diese zeitlich zu managen, mit dem Ziel die Pipeline stets gefüllt zu haben. So laufen Sie nicht Gefahr, falls ein Kandidat während des Prozesses abspringt, wieder bei null beginnen zu müssen.

Dauer Phase 2: 1 – 4 Monate

Saisonale als auch branchenbezogene Einflüsse können hier jedoch zu Verzögerungen führen.

Phase 3 – Verhandlung:

Sobald eine erste Selektion möglicher Gesprächspartner stattgefunden hat, finden erste Gespräche mit diesen statt. Hierbei kommen die in Phase 1 beschriebenen Unterlagen und Informationen zum Einsatz. Je besser die Vorbereitung war, umso strukturierter und zielorientierter können nun die Gespräche durchgeführt werden.

Neben dem persönlichen Kennenlernen geht es bei den Verhandlungen um zwei Kernaspekte – die menschliche und die sachlich/fachliche Passung. Und beides sowohl für den Verkäufer als auch den potenziellen Käufer. Es geht um die Vorstellung beider Parteien zu Inhalt und Ergebnis der Transaktion, zu möglichen Vertragsgestaltungen sowie schlussendlich natürlich auch zum Preis, der für beide Seiten akzeptabel ist.

Dauer Phase 3: 2 – 4 Monate

In dieser Phase finden idealerweise mit mehreren potenziellen Kaufinteressenten parallel Gespräche statt. Hektik und Druck sind dabei nicht angebracht. Gleichwohl sollten die Kandidaten aber verspüren, dass der Prozess stringent weiterverfolgt wird, um zügig das Ziel zu erreichen. Hier trennt sich üblich die Spreu vom Weizen und Kandidaten springen bei genauerem Überlegen ab. Je früher dies erfolgt, umso weniger Energie, Zeit und Kosten wurden investiert. Paralleles Handeln ist hier von unschätzbarem Wert – insbesondere was die Zeitdauer des gesamten Kaufprozesses angeht.

Phase 4 – Vorvertrag, Vertrag & Abschluss:

Mit Kaufinteressenten, die in diese Phase vorrücken, ist sich der Verkäufer einig. Die „Chemie“ passt und auch in den sachlichen Fragestellungen gibt es keine Differenzen mehr, was mit einem, was mit einer Absichtserklärung bzw. Letter of Intent (LoI) hergestellt wird.

Hierbei vereinbaren beide Seiten, ein (nur) moralisch bindendes, jedoch konkretes Interesse an der Transaktion und halten Folgendes fest:

– Zusammenarbeit und Vergütung nach dem Verkauf
– Zeitlicher Ablauf und Termine
– Ablauf der Due Diligence
– Finanzierungsnachweise
– Genaue und eindeutige Definition des Kaufpreises und der Kaufpreisstruktur
– Entnahmen des Verkäufers

Auch sind im LOI weitere Regelungen zum Austausch vertraulicher Unterlagen (z. B. Unterlagen zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens) und ggf. eine Exklusivität definiert, die einen parallelen Kaufvertragsabschluss mit einem anderen Kandidaten ausschließen soll.

Nach Zeichnung des LOI übermittelt der Kaufinteressent ein Anforderungsliste für die Käuferprüfung, die sog. Due Diligence (DD). Aus deren Ergebnissen ergeben sich evtl. weitere Nachverhandlungen über Kaufpreis und Garantien, die im eigentlichen Kaufvertrag, dem Sales and Purchase Agreement (SPA) vereinbart werden. In dieser Phase ist es zwingend erforderlich einen Rechtsanwalt mit Kenntnissen im Gesellschaftsrecht und M&A-Erfahrung hinzu zu ziehen.

Die genauen Inhalte eines Letter of Intent sowie der weiteren Bestandteile der Vorvertragsphase sind unter anderem im Artikel: „Warum ein Letter of Intent (LoI) für Käufer und Verkäufer viel wert sein kann“ beschrieben.

Dauer Phase 4: 2 – 6 Monate

Die gesamten vorvertraglichen Regelungen münden nach ca. ein bis fünf Monaten (je nach Größe und Komplexität des Unternehmens sowie der Transaktionsstruktur) im Kaufvertrag, der das Ergebnis sämtlicher Vorarbeiten ist. Hierfür können rund ein bis vier Wochen veranschlagt werden.

Neben dem Signing (Vertragsschluss – bei Kapitalgesellschaften beim Notar) gibt es nachfolgend noch das Closing, zu dem der eigentliche Unternehmensübergang stattfindet und alle für die Transaktion noch offenen Bedingungen (z.B. Zahlung des Kaufpreises) erfüllt wurden. Dieser ist z.T. abweichend vom vorherigen Unterschriftstermin. Bis zum Closing vergehen je nach Sachlage nochmals wenige Tage bis hin zu mehreren Monaten.

Zusammenfassung:

In Summe dauert der Firmenverkauf vom Sammeln der Unterlagen bis zur abschließenden Übergabe an den Käufer zwischen sechs und 18 Monaten.

Unsere klare Empfehlung an jeden Verkäufer: Bitte geben Sie sich ausreichend Zeit im gesamten Verkaufsprozess, um alle Schritte klar durchdenken und auch emotional durchleben zu können!

Wer ambitioniert ist und einen schnellen Verkauf seines Lebenswerkes realisieren möchte, kann sich an den folgenden TOP5-Zeitfressern orientieren, um diese zu umgehen:

TOP 1: Langwierige Aufbereitung der Unterlagen

Je schneller Sie alle Informationen, die Ihr Unternehmen repräsentieren (Jahresabschlüsse, Vertriebsauswertungen, Übersicht des Maschinenparks, Fotos Ihre Produkte und des Unternehmens, etc.) bereitstellen und je schneller Sie Rückmeldung bei der Erstellung des Exposés geben, desto schneller können Kaufinteressenten angesprochen werden.

TOP 2: Falsche Vermarktungsstrategie

Stellen Sie Ihr Unternehmen der passenden Zielgruppe vor. Es macht keinen Sinn einen Handwerksbetrieb mit € 850 TSD Umsatz bei Finanzinvestoren zu platzieren, die nur Technologieunternehmen ab € 2 Mio. EBITDA suchen.

Zudem sollten Sie die Pipeline immer mit mehreren Kandidaten gefüllt haben. Zu gerne lässt man sich vom Eindruck eines scheinbar „optimalen“ Kandidaten blenden und stellt nach drei, vier oder fünf Monaten fest, dass die Passung doch nicht so perfekt war. Sie fangen dann wieder von vorne an!

TOP 3: Mangelhafte Vorbereitung

„What you see is what you get“. Nichts sorgt für mehr Vertrauen, als wenn sich im Prozess das entpuppt, was Sie einem Kandidaten erzählt bzw. in Form eines Exposés gezeigt haben. Jede spätere Hiobsbotschaft lässt den Kaufinteressenten vermuten, dass es da noch weitere Ungereimtheiten gibt. Verspürt er keine Sicherheit durch einen Mangel an Vertrauen springt der Kandidat früher oder später ab.

TOP 4: Direkte Kommunikation zwischen Verkäufer und Käufer

Auch wenn ein Unternehmenskauf dem ersten Anschein nach eine finanzielle Angelegenheit ist, verstecken sich dahinter eine Menge Emotionen. Diese wollen gut „gepuffert“ sein, damit es nicht zu unüberlegten Handlungen kommt. Schalten Sie deshalb – insbesondere für die kommerziellen Bestandteile des Prozesses – immer einen Mittler ein.

TOP 5: Fehlender oder unvollständiger LOI

Ein Letter of Intent (LOI) schützt Sie davor, unterschiedliche Erwartungshaltungen erst kurz vor dem Notartermin zu erkennen. Schaffen Sie so früh wie möglich eine gemeinsame Transaktionsbasis und vermeiden Sie so einen weiteren ungewollten Zeitfresser.

Autor:

Wolfgang A. Bürger
Rechtlich selbständiger Partner bei KERN, Unternehmensnachfolge. Erfolgreicher.
Verantwortlich für die Standorte Nürnberg und Würzburg

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