Ein Beitrag von Wolfgang Bürger.

Ein produktiver Umgang mit Fehlern bedeutet entweder, dass man die Fehler akzeptiert, oder mittels Risikomanagement die bedeutendsten Fehler schon im Vorfeld zu vermeiden versucht. Und natürlich kann man aus Fehlern auch lernen – aber optimalerweise nicht zufällig, sondern systematisch.

Dass in einer Nachfolgesituation nicht nach einer Trial-and-Error-Methodik gearbeitet werden kann und darf, muss nicht näher erläutert werden. Ein weitaus professionellerer Zugang ist der Ansatz eines Risikomanagements. Risiken sind mit jeder unternehmerischen Entscheidung untrennbar verbunden. Sie resultieren ursachenbezogen aus der Unsicherheit zukünftiger Ereignisse. Werden Risiken nicht rechtzeitig erkannt und bewältigt, können sie die erfolgreiche Weiterentwicklung des Unternehmens gefährden.

Man kann und soll aus Fehlern lernen – aber am besten von anderen. Und dazu gibt es genügend Material, einerseits aus diversen Studien und andererseits über die praktische Erfahrung jener, die Übergabeabläufe kennen und bereits begleitet haben. Die Nachfolgeaktivitäten haben sich in den letzten Jahren stetig erhöht. Die Erwartungen für die nächsten 7 bis 10 Jahre gehen von einem weiteren Anstieg aus.

Was sind nun die häufigsten Gründe, die eine Unternehmensnachfolge scheitern lassen – und welche Chancen ergeben sich, wenn sie diese Gründe kennen und berücksichtigen?

 

Die Suche nach dem geeigneten Nachfolger bzw. der geeigneten Nachfolgerin

Einerseits fehlt im ländlichen Raum die nötige Anzahl an qualifizierten Arbeitskräften, andererseits ist der Anteil potenzieller Nachfolger und Nachfolgerinnen durch die Bildungsexplosion ganz besonders im Gewerbe rückläufig. Und dazu kommt, dass die Planung sehr oft zu spät einsetzt und damit wenig Zeit für die optimale Auswahl der Personen vorhanden ist bzw. die adäquate Einschulungs- und Übergabephase zur Verfügung steht.

Mein Tipp:

■ Beginnen Sie frühzeitig mit der Planung.

■ Ziehen Sie Profis als Berater hinzu.

■ Erstellen Sie ein Anforderungsprofil ihres Nachfolgers und berücksichtigen Sie dabei nicht nur die fachlichen Qualifikationen.

■ Geben Sie sich und Ihrem Nachfolger oder Ihrer Nachfolgerin Zeit, sich gegenseitig kennenzulernen.

 

Verbesserungspotenzial in der Planung

Die Planung des Nachfolgeprozesses liegt zumeist in der Hand der Übergeber und Übergeberinnen. Sehr häufig wird der nötige Zeitbedarf für den Ablauf unterschätzt, bei etwa der Hälfte der gescheiterten Übergaben fehlt ein Businessplan oder ein Controlling.

Mein Tipp:

■ Erklären Sie die Nachfolge zum Projekt.

■ Verwenden Sie den Projektmanagement-Ablauf, wie sie ihn aus Ihrem Unternehmen kennen.

■ Definieren Sie Ziele und legen Sie Meilensteine fest.

■ Integrieren Sie Ihre persönlichen Vorstellungen.

■ Kommunizieren Sie offen mit der Familie.

■ Analysieren Sie die Fakten der Vergangenheit und legen die betriebswirtschaftlichen Ziele für die Zukunft fest.

Investitionsstau

In den Jahren vor der Übergabe werden Investitionen eingeschränkt getätigt oder ganz eingestellt. Teilweise durchaus zu Recht, damit die Nachfolger ihre eigenen Ideen verwirklichen können. Dies führt jedoch auch dazu, dass sich nach Übernahme ein erhöhter Finanzierungsbedarf ergibt. In einer Studie für Deutschland wird gezeigt, dass im Jahr vor der Übergabe deutlich weniger investiert wird. Durch den Nachholbedarf wirken Übernahmen aber ähnlich wettbewerbsfördernd wie Neugründungen.

Mein Tipp:

■ Führen Sie Ihr Unternehmen weiter wie bisher und halten Sie es wettbewerbsfähig.

■ Lassen Sie den Nachfolgeprozess parallel laufen, sie wissen nicht, wann dieser abgeschlossen ist.

■ Erhalten Sie somit den Wert Ihres Unternehmens. Steigendes Investitionsvolumen oder rückläufige Umsätze und Marktanteile lassen den Verkaufspreis des Unternehmens sinken.

 

Beziehungsebene

Spannungen im Verhältnis zwischen Übergeber und Übernehmer gehören zu den häufigsten Gründen für gescheiterte Unternehmensnachfolgen. In Familienunternehmen ist ein Scheitern oft in der offenen Kommunikation über die Tabuthemen „Tod“, „Geld“, „Liebe“ und „Macht“ begründet.

Mein Tipp:

■ Vertrauen Sie in diesen Fällen auf die Erfahrungen externer Berater.

■ Beziehen Sie einen neutralen und erfahrenen Moderator/Mediator in den innerfamiliären Prozess mit ein. Sie selbst scheiden als Familienmitglied für diese Rolle aus Befangenheit ganz klar aus.

 

Kultur- und Führungsveränderung

Ein neuer Führungsstil führt zu Unsicherheit und demotiviert das Personal. Vor allem in Kleinunternehmen war die Persönlichkeit des Unternehmers/der Unternehmerin prägend. Frühzeitige Maßnahmen in der Kommunikation und eine strukturierte Übergabe wirken der Unsicherheit entgegen.

Mein Tipp:

■ Der Belegschaft muss möglichst rasch eine Ordnung und Struktur gegeben werden.

■ Die klare Rollenverteilung von Übergeber und Übernehmer muss transparent gemacht werden.

■ Achten Sie von Beginn an auf die Persönlichkeit des Übernehmers und seine Führungsfähigkeiten.

■ Informieren Sie Ihr Personal immer zuerst.

 

Kaufpreis, Finanzierung, wirtschaftliche Entwicklung

Die Vorstellungen vom Unternehmenswert liegen zumeist deutlich auseinander. Die wirtschaftliche Entwicklung nach einer Übernahme ist zumindest temporär schlechter als erwartet. Dies in Kombination mit einem Eigenkapitalmangel bringt Probleme für den Fortbestand des Unternehmens.

Mein Tipp:

■ Prüfen Sie das Nachfolgekonzept auf Finanzierungspuffer. Ein hoher Finanzierungsbedarf kann schnell bedrohliche Engpässe in der Fortführung bringen.

■ Berücksichtigen Sie in der Kaufpreisverhandlung die Möglichkeit von Earn-out-Klauseln.

■ Prüfen Sie wichtige Kennzahlen und vergleichen Sie diese mit der Branche.

■ Ein guter Blick auf das Controlling bringt schnell gute Erkenntnisse.

 

Zögerlicher Rückzug

Bleibt der Übergeber oder die Übergeberin an der Macht, werden auch keine Neuentwicklungen erfolgen. Wird etwa in Familienunternehmen die ältere Generation zwar formal, aber nicht faktisch abgelöst, entstehen durch widersprüchliche Anforderungen kritische Situationen. „Sei selbständig, indem du auf mich hörst!“

Mein Tipp:

■ Arbeiten Sie, ggf. mit einem externen Coach, an Ihren neuen persönlichen Lebenszielen.

■ Überlegen Sie eine mehrgliedrige Geschäftsführung mit klarer und eindeutiger Kompetenzverteilung.

■ Richten Sie einen aufsichtsratsähnlichen Nachfolgebeirat ein.

Auch wenn im Laufe der letzten Jahre erkennbar ist, dass der Planungsprozess immer besser wird, so ist in der Unternehmensnachfolge noch sehr viel Potenzial vorhanden. Und schon aufgrund der wirtschaftlichen Relevanz der Übergabeprozesse, vor allem hinsichtlich der betroffenen Arbeitsplätze, sollten zumindest die Fehler, die schon einmal dokumentiert sind, künftig vermieden werden.

 

Kontakt:

Wolfgang A. Bürger
Rechtlich selbständiger Partner bei KERN, Unternehmensnachfolge. Erfolgreicher.
Verantwortlich für die Standorte Nürnberg und Würzburg
Mail:    buerger@kern-unternehmensnachfolge.com
Handy: +49 178 6844 292