Sind Sie sicher?

In einem meiner Projekte war ich für den größten Teil der Jahres-Budgetplanung verantwortlich. In diesem Rahmen habe ich mit allen Abteilungsleitern ihre bisherigen Kosten betrachtet und analysiert. Wir haben dann pro Kostenstelle Sachkosten geplant, aber z. T. auch Stundensätze kalkuliert.

In einem Bereich stellte sich heraus, dass der Stundensatz bisher deutlich zu niedrig kalkuliert war. Ich erklärte dem Abteilungsleiter, dass er diesen um ca. 30(!) Prozent erhöhen müsste, um nicht „draufzuzahlen“. Der relativ junge Abteilungsleiter, der erst einige Monate im Unternehmen war, war zunächst sehr überrascht und konnte das gar nicht glauben. Daraufhin habe ich ihm den eigentlich nötigen Stundensatz noch einmal vorgerechnet und ihn gefragt, ob die Kosten / die Rechnung korrekt seien. Er hat zugestimmt.

Im Ergebnis habe ich ihm erklärt, dass er „eigentlich“ ab sofort bei Angeboten den höheren Stundensatz ansetzen müsste, dies müssten wir aber noch mit der Geschäftsleitung abstimmen.

Nach 3 Wochen(!) kam eine Vertriebsassistentin „völlig aufgelöst“ zu dem Abteilungsleiter und erklärte ihm, dass bereits zahlreiche Angebote mit einem viel zu hohen Stundensatz an Kunden verschickt worden seien. Dies müsse ein Fehler der Mitarbeiter oder der IT sein, sie war sehr besorgt.

Es stellte sich heraus, dass der Abteilungsleiter nach meiner Berechnung sofort dafür gesorgt hatte, dass in sämtlichen Angeboten mit dem höheren Stundensatz kalkuliert wurde. Er hatte dies mit dem Vertrieb aber nicht abgestimmt. Schließlich erklärte er der Vertriebsassistentin, er sei dafür nicht verantwortlich, sondern ich als externer Berater hätte entschieden, dass er den höheren Stundensatz ansetzen muss. Das war natürlich nur mein Vorschlag.

Die Sorge der Vertriebsassistentin war, dass die Kunden bei dem höheren Stundensatz keine Aufträge erteilen würden und sich einen anderen Lieferanten suchen würden. Der wichtigste Satz war dabei: „Der arme Kunde!“. „Der arme Kunde kann das nicht bezahlen.“ „Der arme Kunde müsste dann ja auch seine Preise erhöhen und würde seinerseits evtl. Kunden verlieren“, etc.

Ich habe ihr erklärt, dass dies durchaus möglich sei, ich mir aber nicht vorstellen kann, dass andere Lieferanten in diesem Bereich einen wesentlich geringeren Aufwand hätten. Somit könnten auch die Wettbewerber, da auch sie kostendeckend arbeiten müssen, nicht wesentlich billiger sein.

Nach einer „Krisensitzung“ mit der Geschäftsleitung haben wir entschieden, abzuwarten, ob Kunden sich über den gestiegenen Stundensatz beschweren oder zu einem anderen Lieferanten wechseln würden. Wir haben vorerst weiterhin mit dem höheren Stundensatz angeboten.

Was war das Ergebnis? KEIN EINZIGER(!) Kunde hat nach dem 30 Prozent höheren Stundensatz nachgefragt bzw. sich beschwert. Es ist auch kein einziger Kunde zu einem Wettbewerber gewechselt, denn dann hätte er seine Formen/Werkzeuge, die sich in seinem Eigentum befanden und in dem Unternehmen gelagert wurden, umlagern müssen. Dies hätte man dann natürlich mitbekommen.

Wir sind zu der Einschätzung gekommen, dass unser Stundensatz über einige Jahre hinweg viel zu niedrig bzw. viel niedriger als bei den Wettbewerbern war und sich natürlich auch darüber kein Kunde „beschwert“ hat. Schließlich haben wir bei unseren Angebotspreisen vermutlich nur mit den Wettbewerbern „nachgezogen“ und waren preislich immer noch vollständig wettbewerbsfähig.

Warum schreibe ich das? Ein einmal kalkulierter Stundensatz sollte regelmäßig, mindestens einmal pro Jahr im Rahmen der Budgetplanung angepasst werden. Dies aber nicht nur um einen Inflationsfaktor von 2-3 Prozent, aktuell evtl. auch mehr, sondern er sollte vollständig und korrekt kalkuliert werden.

Leider mache ich in meinen Projekten immer wieder die Erfahrung, dass dies nicht in ausreichendem Umfang stattfindet. In vielen Unternehmen ist es eher so, dass man die Stundensätze eher beibehält bzw. um 2-3% Inflationsaufschlag erhöht, ohne die tatsächliche Kostenentwicklung genauer zu untersuchen.

Im Laufe von mehreren Jahren kann das für ein Unternehmen sehr teuer werden, die Rendite stark beeinträchtigen.

Wenn Sie den Eindruck haben, dass bei Ihrer Stundensatzkalkulation, ggf. auch bei anderen Kalkulationsfaktoren eine Aktualisierung nötig wäre und Sie Wert auf den „Blick von außen“ legen, sprechen Sie mich gerne an. Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen.

Sie erreichen mich per Telefon (Mobil: 0157 75742240, Festnetz: 0921 9800725) oder per E-Mail (info@oliver-unterburger.de).