Ein Beitrag von Robert Silberhorn

Viele Alteigentümer von Unternehmen stellen sich bei der Vorbereitung ihrer Nachfolge die Frage, ob sie weiterhin Investitionen durchführen oder diese lieber der nachfolgenden Generation überlassen sollen. Und tatsächlich können die Durchführung oder Vermeidung von Investitionen eine wichtige Rolle bei der erfolgreichen Unternehmensnachfolge spielen. Von ausgefeilten Investitionsrechnungen bis zu reinen Bauchentscheidungen aufgrund langjähriger Erfahrung ist in der Praxis alles zu finden. Ein entscheidender Punkt bleibt dabei aber sehr häufig unberücksichtigt.

Entscheidungsoptionen der Alteigentümer

Die Optionen bei Investitionsentscheidungen in übergabereifen Unternehmen hängen unter anderem von der Ausgangssituation des jeweiligen Unternehmens sowie von dessen strategischen Zielsetzungen ab. Dabei ist es hilfreich, drei Fälle zu unterscheiden.

Fall 1: Die Nachfolgegeneration steht bereit und man stimmt in der strategischen Ausrichtung überein

Diese Situation liegt dann vor, wenn die Nachfolge durch vertraute Personen übernommen wird und in wesentlichen Punkten Einigkeit zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens besteht. Die Nachfolgekandidaten sind meist eigene Kinder oder vertraute Führungskräfte, die bereit sind, die Nachfolge anzutreten. Nachfolgebedingte Änderungen des Investitionsverhaltens sind in diesem Fall nicht nötig. Investitionen können schon mit der Nachfolgegeneration abgestimmt und mit den üblichen Methoden der strategischen Planung, des Risikomanagements und der Investitionsrechnung bewertet werden.

Wer als Alteigentümer diese Situation vorfindet (oder bewusst geschaffen hat), der kann sich glücklich schätzen.

Fall 2: Für die Nachfolge stehen Nachfolgende bereit mit abweichender strategischer Ausrichtung

Bei der internen Nachfolge kann es vorkommen, dass sich die ältere und die jüngere Generation uneins sind über die weitere strategische Ausrichtung des Unternehmens. Themen, die zu unterschiedlichen strategischen Konzepten führen können, sind z.B. Umweltausrichtung oder Tierwohl.

In diesem Fall stecken die Alteigentümer in einem Dilemma: Würde entsprechend der eigenen strategischen Planung investiert, wären diese Investitionen möglicherweise unnütz bei geänderter Strategie durch die nachfolgende Generation. Würde aber nicht mehr investiert, weil man auf die jüngere Generation wartet, bestünde das Risiko, dass sich ein Investitionsstau bildet. Und wenn dann Tochter oder Sohn es sich doch anders überlegen, kann dies schnell dazu führen, dass das Unternehmen keinen Käufer findet und stillgelegt werden muss.

Diese Situation ist für die Zukunftssicherung des Unternehmens äußerst gefährlich. Deshalb sollten die Alteigentümer sehr schnell eine Klärung herbeiführen, ob sie sich mit den abweichenden Strategien der Nachfolgegeneration doch arrangieren können oder ob dies als aussichtslos erscheint. Gegebenenfalls ist es auch sinnvoll, für diesen Klärungsprozess einen Mediator hinzuzuziehen. Scheint ein Arrangement möglich, so ist es ratsam, die Unternehmensstrategie entsprechend an die Vorstellungen der zukünftigen Unternehmensleitung anzupassen und die Investitionsentscheidungen darauf abzustimmen. Wird ein Arrangement ausgeschlossen, sollte eine klare Entscheidung für eine Käufersuche getroffen werden. Die Investitionsentscheidungen erfolgen dann, wie für Fall 3 unten beschrieben.

 

 

Fall 3: Nachfolgende müssen erst gefunden werden; die strategische Ausrichtung ist ungewiss

In Fall 3 sind die Präferenzen und Einschätzungen der Nachfolgeinteressenten zwar noch unbekannt. Aber es gibt meist genügend Anhaltspunkte, was die jüngere Generation erwartet und nach welchen Kriterien die Kaufentscheidungen getroffen werden. Weil immer mehr mittelständische Unternehmen angeboten werden und immer weniger Nachfolgewillige bereitstehen, müssen Investitionsentscheidungen nunmehr unter dem Aspekt geprüft werden, ob sie dazu beitragen, die Verkaufsfähigkeit des übergabereifen Unternehmens zu verbessern.

Der entscheidende Punkt: Die Verkaufsfähigkeit Ihres Unternehmens erhöhen

Praktisch alle Investitionen, die das Unternehmen zukunftsfähiger machen, steigern den Unternehmenswert und die Attraktivität für potenzielle Käufer: Modernisierung Ihrer Maschinen, Automatisierung Ihrer Prozesse, Digitalisierung und Anwendung neuer Technologien wie Methoden der künstlichen Intelligenz, Ausrichtung auf nachhaltige Prozesse und umweltfreundliche Produkte, Kreislauffähigkeit, all das sind Punkte, mit denen die Verkaufsfähigkeit des Unternehmens und auch die Finanzierungsmöglichkeiten für den Kaufpreis deutlich verbessert werden können.

Was dabei leider zu oft vergessen wird und was den entscheidenden Unterschied ausmacht: Viele der genannten Investitionen sind förderfähig. Wer in die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens investiert, kann diese Investitionen meist fördern lassen und erhöht gleichzeitig die Verkaufsfähigkeit seines Unternehmens. Das gilt auch für die interne Nachfolge: Investitionen in die Zukunftsfähigkeit machen das Unternehmen wettbewerbsfähiger, unabhängig davon, wer die Nachfolge antritt. Für den Fall der externen Nachfolge durch den Verkauf des Unternehmens reduzieren geförderte Investitionen zudem das Risiko, dass das Unternehmen mangels Nachfolgelösung stillgelegt werden muss.

winFORS, Wirtschafts- und Innovationsförderung Robert Silberhorn, 06.04.2024