Ein Beitrag von von Joachim Seidel

Ein Crashkurs rund um die B2B E-Rechnungsplicht

Woher kommt sie, was ist zu tun, wie geht es weiter?

Wie geht man das Thema optimal an?

 

Wieso, weshalb, warum?

Mit der Digitalisierung geht es vorwärts, weltweit, in Europa und auch in Deutschland!

Und im Kern ist es zudem ein originär deutsches Thema. Mit dem „Steuervereinfachungsgesetz“ beschloss das Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Jahr 2011 rund 40 Vereinfachungsmaßnahmen, Steuerentlastungen und Abbau von Bürokratie. Daraus entstanden auch erste Früchte, beispielsweise das digitale ZUGFeRD-Format für E-Rechnungen, das seit 2012 die Rechnungslegung schon digitalisiert, vereinfacht und Kosten reduziert.

Aber leider nur ein deutsches Recht für deutsche Rechnungen. Mit 1,65 Billionen USD auf Platz 3 der Export-Weltmeister, wurde das Thema damit von Deutschland nach Europa getragen. In Europa wurde diese mit der Norm EN 16931 im Jahr 2017 zur Europäischen Norm und schon 3 Monate später mit der E-Rechnungsverordnung (ERechV) in nationales deutsches Recht gegossen. Seit 27.11.2020 sind E-Rechnungen für öffentliche Einrichtungen bereits verpflichtend.

Nach diesen ersten Erfahrungen ging es 2023 nun weiter mit der E-Rechnung für Unternehmen.

 

Die B2B-E-Rechnungspflicht

Beginnend ab 01.01.2025 müssen inländische Rechnungen zwischen Unternehmen (also B2B – Business-to-Business) als E-Rechnung übermittelt werden.

Der Rahmen dafür ist das sogenannte „Wachstumschancengesetz“. Umgesetzt wird die E-Rechnungspflicht durch Änderungen in §14 des Umsatzsteuergesetzes (UstG). Als Übergangsfrist können Unternehmen noch bis zum 31.12.2025 entscheiden, ob sie eine E-Rechnung oder ein anderes Format verwenden wollen. Unternehmen mit unter 800.000 EUR Umsatz im vergangenen Kalenderjahr dürfen das auch bis zum 31.12.2026 frei entscheiden.

Spätestens zum 01.01.2027 müssen alle B2B-Rechnungen in Deutschland als E-Rechnungen übertragen werden, mit Ausnahme von Kleinbetragsrechnungen (bis 250 € brutto), Fahrausweise und steuerfreie Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 bis 29 nach aktuellem Stand nicht unter die E-Rechnungspflicht fallen.

 

Was ist eine E-Rechnung eigentlich?

Für eine E-Rechnung genügt es  NICHT,  eine Rechnung als PDF zu erzeugen und sie per E-Mail zu versenden. Grund und Sinn ist es, die DATEN einer Rechnung eindeutig und elektronisch zu übermitteln. Technisch werden dazu letztendlich alle relevanten Rechnungsdaten in einem normierten Format nach Norm EN 16931 übertragen, dazu gibt es die Ausprägungen ZUGFeRD 2.x und XRechnung.

ZUGFeRD 2.x kombiniert dazu eine XML-Datei in eine PDF/A-3 Rechnung. Dadurch erhält man, wie heute auch, eine für Menschen lesbare PDF-Datei, die aber zusätzlich eine XML-Struktur enthält, die maschinell eindeutig lesbar ist. Die führenden und rechtlich bindenden Daten sind dabei die XML-Daten. ZUGFeRD 2.x wird beispielsweise heute bereits in den DATEV-Applikationen verwendet.

XRechnungen sind eher ein XML-Datenstrom, der in einer Übergabedatei gespeichert ist. Im Gegensatz zu ZUGFeRD ist sie NICHT mehr direkt als PDF einsehbar und somit für den Menschen ohne zusätzliche Hilfsmittel schlecht lesbar. Optional können Rechnungsanlagen jedoch in verschiedenen Formaten, darunter u.a. PDF, CSV, XLSX, PNG, JPEG, TXT, DOCX und OpenText als Datenstrom eingebunden werden. Sie sind jedoch nicht Teil der E-Rechnung, sondern liefern zusätzliche Information. Auch hier ist lediglich der XML-Strom relevant und für die Rechnung bindend.

 

Eingangsrechnungs-Verarbeitung

So könnte man glauben: „Meine Warenwirtschaft wird das schon machen.“

In der Theorie: ja, in der Praxis: nein.

Für alle die bereits einen Rechnungsleser und einen Rechnungs-Workflow haben kann man vereinfacht sagen, dass für einen Großteil der Rechnungen nur das Scannen wegfallen wird und ein OCR-Belegleser durch einen ZUGFeRD-/XRechnungs-Leser ersetzt wird. Der restliche Ablauf der Rechnungsverarbeitung kann grob gleichbleiben.

Für alle, die noch keinen Eingangsrechnungs-Workflow im Unternehmen haben oder diesen deutlich verbessern wollen, sei angemerkt, dass es meist nicht damit getan ist eine Rechnung in das ERP-System zu übertragen. Rechnungen müssen weiter kontrolliert, geprüft, kontiert, freigegeben und letztendlich vorerfasst oder gebucht werden. Dazu ist weiterhin eine Unterscheidung in Rechnungen mit und ohne Bestellbezug notwendig, Wareneingänge, Mengen, Preise und Qualität sind weiterhin zu prüfen.

Ja, die meisten Rechnungen werden ab 2025 lesbar übertragen und ja, vielleicht kann mein Warenwirtschaftssystem das auch lesen, ich benötige aber immer noch einen Workflow zur Rechnungsprüfung, Kontierung, Freigabe, Genehmigung dieser Rechnung bevor ich sie buche. Und das natürlich digital – denn sonst nützt mir der Vorteil des digitalen Rechnungsformates erst mal gar nichts.

 

Was ist bis 2025 zu tun?

Für alle, die bereits einen Eingangsrechnungs-Workflow haben, bietet sich hier die Gelegenheit diesen zu modernisieren, beispielsweise:

  • ZUGFeRD und XRechnungs-Leser
    Statt Scannen und Erkennen macht das nun ein Modul zum Auslesen von E-Rechnungen. Da das Lesen hier eindeutig ist, entfällt für die meiste Rechnungen die Notwendigkeit der Validierung. Als schneller, eindeutiger und kostengünstiger.
  • Umstellen auf Scannen in der Cloud
    Da Papierrechnungen drastisch abnehmen werden, stellt man die Erkennung von Papierrechnungen idealerweise auf ein Cloud-Modell um. Hier zahle ich meist nur, was ich erkennen lasse – und das wird von Jahr zu Jahr weniger werden. Also ein enormes Spar-Potential.
  • Automatisierung
    Wenn man den Ablauf schon optimiert, dann kann er bei dieser Gelegenheit auch gleich weiter automatisiert und die Anwender besser unterstützt werden. Es stellen sich Fragen wie:
  • Kann ich Sachkonten und Kostenstellen errechnen und vorbelegen?
  • Kann ich Teile der bestellbezogenen Rechnungsprüfung automatisieren?
  • Welche Regeln benötige ich dazu?

Alle die noch keinen Eingangsrechnungs-Workflow haben sind spätestens ab 2024/2025 gut beraten, sich damit auszustatten – wollen sie hier nicht digital auf der Strecke bleiben.

 

Umsatzsteuer-Digitalisierung

Denn die E-Rechnungspflicht ist ein Teil der geplanten Umsatzsteuer-Digitalisierung, an der bereits fleißig gefeilt wird. Die Initiative VIDA (VAT In The Digital Age) – also die Umsatzsteuer im Digitalzeitalter, ist die nächste Stufe fortschreitender Digitalisierung. Ziel ist es, die Umsatzsteuer im Digitalzeitalter zu revolutionieren. Seit 08.12.2022 ist bereits ein Vorsachlag zur Änderung der Mehrwertsteuer-Richtlinien vorgelegt, eine Anwendung wird aktuell für den 01.01.2028 vorgesehen. Darunter eben digitale Umsatzsteuer-Meldepflichten wie e-Invoicing und Realtime-Reporting auf Basis der EU-Norm CEN 16931, also der aktuell umgesetzten E-Rechnungspflicht.

 

Was bedeutet das für uns?

Wer sich also heute fragt, warum denn gerade ihn der Blitz mit der E-Rechnung trifft und überlegt, wie er hier maximal lange um eine Digitalisierung herumkommt, den wird der Blitz in Zukunft immer wieder treffen, und dies in immer kürzeren Abständen.

Wer dabei nur zögerlich und minimalistisch digitalisiert und nicht in Abläufen denkt, wird dabei vom Blitz zunehmend nicht nur häufiger, sondern auch stärker getroffen werden. Wie erläutert ist die E-Rechnung nur ein Teil der Digitalisierung unserer Welt und, um genau zu sein, auch nur ein Teil der Digitalisierung jedes Unternehmens. Wer hier den Zug verpasst, wird also nicht nur zunehmend Probleme haben mit gesetzlichen Anforderungen Schritt zu halten, sondern auch mit seinem Wettbewerb, Lieferanten und letztendlich auch seinen Kunden.

 

Wie geht man also optimal vor?

Zu neuen Themen ist es meist eine gute Idee sich vorab intern oder extern beraten zu lassen. Suchen Sie sich dazu Digitalisierungs-Experten, die idealerweise viele Jahre Erfahrung in der Planung, Digitalisierung und Umsetzung von Eingangs-Rechnungs-Prozessen haben. Sie haben meist nicht nur Erfahrungen, wie andere das machen und welche Vor- und Nachteile das hat, sondern wissen auch an was Sie noch denken müssen und wohin die Reise geht. Sprich: Sie ersparen einem oft selbst eine jahrelange Reise auf unebenen Wegen. Ermitteln Sie wichtige Facetten zur Digitalisierung Ihrer Abläufe, Potentiale für (Teil-) Automatisierungen, Einbeziehung der Menschen in digitale Abläufe und nicht zuletzt der Fähigkeit zur Kommunikation mit den Applikationen und Datenin Ihrem Unternehmen.

Überprüfen Sie bei dieser Gelegenheit auch, ob der digitale Rechnungsprozess der einzige digitale Prozess auf ihrer Digitalisierungsplattform bleiben soll oder – wenn Sie das schon angehen – auch im Einkauf, der Materialwirtschaft, dem Vertrieb oder dem Personalwesen Potentiale zur digitalen Verbesserung schlummern. Es gibt einfache Methoden zur Analyse, wie digital IHRE Abläufe, Ihre Bereiche sind und letztendlich Ihr Unternehmen heute ist … oder an welchen Stellen es noch fehlt. Stichwort: Digitalisierungs-Analyse. Sofern Sie dazu weder Zeit noch Erfahrung haben, kann Ihnen ein Digitalisierungs-Berater hier helfen! Vernünftig geplant und umgesetzt erreichen Sie mit einem digitalen Eingangsrechnungsprozess heute Vorteile und Einsparungen und setzen gesetzliche Vorgaben dabei ganz nebenbei um.

Bedenken Sie auch, dass jede Münze zwei Seiten hat und Sie nicht nur eingehende E-Rechnungen verarbeiten müssen, sondern auch selbst „echte“ E-Rechnungen erzeugen müssen. Ein reines Versenden einer PDF-Rechnung reicht hier nicht. Teilweise können Sie mit dem Modul zum Lesen einer ZUGFeRD/X-Rechnung auch selbst ZUGFeRD/X-Rechnungen erzeugen!

ABER … beachten Sie, dass je näher der 01.01.2025 rückt, desto mehr werden alle mit der Umstellung beschäftigt sein und desto weniger (gute) Ressourcen werden Sie für Beratung, Planung und Umsetzung auf dem Markt finden. Mit einem Projektstart ab Mitte 2024 kann es beispielsweise schon problematisch werden, bis 2025 damit produktiv zu gehen. Denken Sie dabei immer daran, dass – richtig angegangen – Sie damit nicht nur gesetzliche Vorgaben erfüllen, sondern selbst Vorteile in Ihren Abläufen mitnehmen können.

Auch hier gilt also: Der frühe Vogel fängt den Wurm.

Finden Sie Ihren Weg in IHRE digitale Zukunft und setzen Sie diesen um!

 

Autor:

Herr Joachim Seidel
ProComp Professional Computer GmbH
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E-Mail: joachim.seidel@procomp.de