Ein Beitrag von Wolfgang A. Bürger
Um es gleich vorwegzunehmen: Diskretion, Diskretion und nochmals Diskretion plus Timing sind die wichtigsten Essenzen für die erfolgreiche Kommunikation während einer Unternehmensnachfolge! Es gilt vor allem Gerüchte, die Kunden, Mitarbeiter aber auch Lieferanten verunsichern und Mitbewerber streuen könnten, zu vermeiden. Erst wenn alle relevanten Unterlagen für einen Verkauf bereitstehen, sollte man in den Markt gehen. Und auch dort ist selbsterklärend ein anonymes Vorgehen unbedingt zu empfehlen.
Es empfiehlt sich also dringend, eine Strategie für den gesamten Verkaufsprozess auszuarbeiten und möglichst alle Eventualitäten zu berücksichtigen, um die Geheimhaltung im Rahmen eines Firmenverkaufes sicherzustellen. Moment mal: „Prozess“? Da war doch was – Richtig, gemeint sind die 5 Phasen unseres KERN-Nachfolgefahrplans! Vergegenwärtigen wir uns anhand der einzelnen Phasen, wie dem Aspekt der Anonymität und Diskretion im Einzelnen Rechnung getragen wird.
Das Dokumentationsfundament in der Vorbereitungsphase legen
In Phase 1, der Vorbereitungsphase, sollte der Verkäufer sich nicht nur ein klares Bild davon machen, was genau verkauft werden soll, sondern den gesamten Prozess des Firmenverkaufes schon einmal vordenken und je nach Art und Umfang des geplanten Verkaufs entsprechende Unterlagen im Voraus zusammentragen, sortieren und strukturieren und auch „empfängergerecht“ aufbereiten.
Neben einer realistischen und aussagefähigen Unternehmensbewertung sind hier vor allem auch die Erstellung eines Teasers und eines Exposés durch einen professionellen Dienstleister gemeint. Wie steht es hier um die jeweilige Informationstiefe?
- Der aussagekräftige Teaser erfüllt bereits eine wesentliche Informationsfunktion. Er informiert anonym über die Grundzüge des Geschäftsmodells und den aktuellen Status quo der Firma. Ferner erhält der Kaufinteressent einen Hinweis zum ungefähren Standort des Unternehmens und einen ersten Überblick zu Umsatz und Ertrag des Unternehmens.
- Das aussagekräftige Exposé präzisiert die im Teaser gemachten Aussagen zum Unternehmen. Es stellt das Geschäftsmodell genauer vor, macht Aussagen zum Standort sowie zu den Mitarbeitern und ihrer Qualifikation. Kunden und Lieferanten werden in ihren Strukturen gern auch als ABC-Analyse oder mit Kundenwertanalysen dargestellt. Ferner enthält das Exposé auch verständlich aufbereitete und bereinigte Gewinn- und Verlustrechnungen sowie die Bilanzen der vergangenen drei Jahre. Die Vergangenheitsdarstellung wird häufig durch eine nachvollziehbare und realistisch-konservative Planung ergänzt.
Auf dieser Basis kann ein Kaufinteressent schon recht gut entscheiden, ob er tiefer in das Projekt und die Verhandlungen einsteigen möchte. Nach Abschluss einer Absichtserklärung (LoI) erhält er in der nachfolgenden Due Diligence einen tieferen Einblick in das Unternehmen. Auch an dieser Stelle wird ein Verkäufer versuchen, wesentliche Punkte seines Geschäftsmodells zu anonymisieren. Dazu gehören anonymisierte Listen von Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten, Rezepturen, Konstruktionsunterlagen mit technischen Details oder Ähnliches.
Interesse wecken und Anonymität wahren – Die zielgenaue Käuferansprache in Phase 2
In der Vertriebsphase geht es vor allem darum, schnell den richtigen Kaufinteressenten anzusprechen. Damit dies gelingt, müssen Sie ein Profil eines idealen Kaufinteressenten definieren und entscheiden, über welche Kanäle Sie Ihr Unternehmen anbieten wollen. Ein paar grundsätzliche Fragen und Überlegungen dazu schaffen die nötige Klarheit:
- Wo erreichen Sie Ihre Kaufinteressenten?
Überlegen Sie, über welche Multiplikatoren und Netzwerke Sie Ihr Unternehmensangebot verteilen könnten. Zu den langjährig bewährten Verteiler-Adressen zählen u.a.:
- Die beiden größten und reichweitenstärksten Marktplätze für Unternehmensverkäufe in Deutschland, die kostenfreie nexxt-change und die kostenpflichtige Deutsche Unternehmerbörse (DUB) sowie weitere kleinere kostenpflichtige Plattformen.
- Die Banken: Gute Verkaufsangebote sind für Firmenkundenbanker willkommener Anlass, mit ihren Kunden über Wachstumsoptionen ins Gespräch zu kommen. Diese Art der Kundenorientierung bietet Banken eine Chance für Neugeschäfte über Akquisitionsfinanzierungen und alle nachgelagerten Bereiche des Firmenkundengeschäftes.
- Steuerberater und Rechtsanwälte, da sie Spezialisten und Vertrauenspersonen ihrer Mandanten sind. Oft wissen sie um die Wachstumspläne und Suchstrategien ihrer Klienten am besten Bescheid und können eine individuelle Ansprache durchführen.
- M&A-Netzwerke: Als langjährig tätige Mittelstandsberater pflegen wir bei KERN-Unternehmensnachfolge ein sehr weitverzweigtes Netzwerk zu Beraterkollegen. Denn als Transaktionsberater sind wir sowohl auf der Käufer- als auch auf der Verkäuferseite tätig. Somit stehen wir im ständigen Austausch und erfahren frühzeitig, wer Unternehmen in welcher Branche zu verkaufen hat oder ein solches sucht. Aktuell haben wir über 10.000 geprüfte Kaufinteressenten in unserer Kundendatenbank.
- Verbände und Einkaufsgenossenschaften, da sie auch mit Nachfolgethemen befasst sind. So verliert ein Verband oder eine Einkaufsgenossenschaft ungern Kunden oder Genossenschaftler: Aus diesem Grund versorgen sie ihre Mitglieder auch mit entsprechenden Firmenangeboten, um das zukünftige Wachstum sicherzustellen.
- Finanzinvestoren: Sie stellen eine Sonderzielgruppe als Adressaten dar, die auf der Suche nach neuen Plattformunternehmen bzw. sogenannten Add-Ons sind, d. h. Ergänzungen für diese Unternehmen. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Typen von Finanzinvestoren. Diese reichen von auf einen gewinnbringenden Ausstieg orientierten Investmentfonds über langfristig agierende Beteiligungsgesellschaften, Private Equity Investoren mit einem klar definierten Branchenfokus bis hin zu Family Offices. Je nach geplantem Beteiligung Szenario können sie wertvolle Impulse für die weitere Entwicklung des Unternehmens geben.
Entscheiden Sie, ob Sie Ihr Unternehmen im Rahmen einer vertraulichen Direktansprache eher einem kleinen Kreis händisch recherchierter Kaufinteressenten anbieten oder über größere, teilweise öffentliche Börsenmarktplätze gehen.
Praxis-Empfehlung-I-:
Generell präferieren wir bei KERN-Unternehmensnachfolge die verdeckte (anonyme) Ansprache. Diese Form der Ansprache hat sich für verkaufsbereite Unternehmen in der Praxis häufig als die beste und sicherste Form erwiesen, da sie dem Sicherheitsbedürfnis der meisten Unternehmer entgegenkommt und die Anonymität des Verkäufers bis zur Offenlegung der Identität des Käufers sichert. Wesentliches Merkmal der anonymen Ansprache ist die Möglichkeit, die Identität des zum Verkauf stehenden Unternehmens erst nach einer eingehenden Prüfung des Kaufinteressenten oder sogar erst nach Vorliegen eines attraktiven Angebots preiszugeben.
- Wer übernimmt die Verteilung des Unternehmensangebots? Legen Sie den Prozess für die Angebotsverteilung fest. Definieren Sie einen Verantwortlichen für die Einstellung der Angebote auf den Marktplätzen und klären Sie, wer die anonyme Ansprache übernimmt.
- Wie filtere ich (eine Vielzahl) von Erstinteressenten? Sobald Sie mit einem attraktiven Unternehmensangebot auf dem Markt sind, besteht die Gefahr, dass Sie eine Vielzahl von Interessentenanfragen erhalten. Machen Sie sich Gedanken darüber, ob Sie eine erste Filterung der Interessenten neben Ihrem Tagesgeschäft schaffen oder ob Sie mit Unterstützung eines neutralen Filters die Spreu vom Weizen trennen und gleichzeitig Ihre Anonymität wahren.
- Wie stelle ich die Vertraulichkeit sicher? Bereiten Sie in Zusammenarbeit mit Ihrem Berater oder Anwalt eine Vertraulichkeitserklärung vor. Denn das Interesse eines potenziellen Käufers erlischt schnell, wenn er nach der Kontaktaufnahme mehrere Tage auf eine NDA (Non Disclosure Agreement – Vertraulichkeitserklärung) oder weiterführende Informationen warten muss.
Vertrauliche Verhandlungen während Phase 3
Sobald eine erste Selektion der Kaufinteressenten als qualifizierte Übernehmerkandidaten stattgefunden hat, finden erste Gespräche mit diesen statt. Neben dem persönlichen Kennenlernen geht es bei diesen Gesprächen um zwei Kernaspekte – die menschliche und die sachlich/fachliche Passung sowohl für den Verkäufer als auch den potenziellen Käufer.
Was zunächst vielleicht banal klingt: Wählen Sie das Timing und den Ort des Kennenlernens mit der angemessenen Sorgfalt aus. Die Wahl des richtigen Besprechungsorts hängt dabei wesentlich von zwei Faktoren ab: der Unternehmensart und der Geheimhaltungsstufe. Grundsätzlich gilt, dass es im Rahmen eines Erstgesprächs seitens des Verkäufers keine Verpflichtung zu einer Führung durch die Firma gibt. Im weiteren Prozessverlauf ergeben sich erfahrungsgemäß noch ausreichend Gelegenheiten für eine Begehung. Es sei denn, der Verkäufer hat die eigenen Mitarbeiter bereits über den geplanten Verkauf informiert. Prinzipiell ist aber davon abzuraten, Mitarbeiter oder externe Partner zu früh in ein solches Vorhaben einzuweihen. Die Gefahr von Verwerfungen innerhalb des Unternehmens oder extern etwa mit Kunden, Lieferanten oder Banken ist deutlich zu hoch.
Praxis-Empfehlung-II-:
Wählen Sie einen neutralen Ort für Ihr erstes Treffen aus. Zum Teil finden diese Erst-/Kennenlerngespräche aufgrund regionaler Distanzen auch per Videokonferenz statt.
Phase 4: Vorvertrag- und Abschluss
Mit Kaufinteressenten, die in diese Phase vorrücken, ist sich der Verkäufer einig. Die „Chemie“ passt und auch in den weiteren sachlichen Fragestellungen gibt es keine Differenzen mehr, was mit der Erstellung einer Absichtserklärung bzw. dem Letter of Intent (LoI) zum Ausdruck gebracht wird.
Nach Zeichnung des LOI übermittelt der Kaufinteressent ein Anforderungsliste für die Käuferprüfung, die sog. Due Diligence (DD).
Die gesamten vorvertraglichen Regelungen münden nachfolgend im Kaufvertrag, der das Ergebnis sämtlicher Vorarbeiten ist.
Praxis-Empfehlung-III-:
In dieser Phase ist es zwingend erforderlich einen Rechtsanwalt mit Kenntnissen im Gesellschaftsrecht und M&A-Erfahrung hinzuzuziehen.
Phase 5: Die Übertragung
Jetzt startet endlich das finale Kapitel der Übertragung, doch ein zusätzlicher und ganz wesentlicher Schritt ist noch zu gehen: die Kommunikation zu Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten zeitnah und professionell zu gestalten. Insbesondere bei einem Betriebsübergang ist auf die rechtzeitige – im §613a BGB vorgeschriebene – schriftliche Mitarbeiterinformation beim Unternehmensverkauf zu achten – Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen.
Leider denken viele Übergeber und ihre Nachfolger erst wenn die DD abgeschlossen, der Kaufvertrag final verhandelt und die Tinte auf dem Kaufvertrag trocken ist, daran, wie die gute Nachricht an die Bezugsgruppen des Unternehmens kommuniziert wird. Zu diesen Stakeholdern zählen Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten, aber auch Vermieter und Banken oder andere Gläubiger. Oft werden diese Bezugsgruppen im weiteren Umfeld vergessen. Dazu zählen Fach-, Wirtschafts- und Lokalmedien sowie wichtige regionale Ansprechpartner in Politik und Verwaltung, bei Kammern und Wirtschaftsverbänden.
Verpassen Sie nicht eine perfekte Gelegenheit!
Die folgenden Punkte unterstützen Sie das Momentum der Bekanntgabe Ihrer Transaktion im Voraus zu planen und somit voll ausschöpfen zu können:
- An alle Bezugsgruppen denken: Erarbeiten Sie einen Plan, wer wann und wie informiert wird. Vor allem die Mitarbeiter sollten vom Gesellschafterwechsel nicht über Dritte oder aus der Zeitung erfahren.
- Vermeiden Sie Unsicherheiten: Käufer und Verkäufer sollten unbedingt die Inhalte der gemeinsamen Kommunikation abstimmen. Erarbeiten Sie einen Fragenkatalog, der die Basis der Kommunikation bildet. Versuchen Sie dabei möglichst viele (kritische) Fragen im Vorfeld zu antizipieren: Warum wird verkauft? Ist der Käufer ein Wettbewerber, Finanzinvestor oder MBI?
- Erzeugen Sie Aufbruchstimmung: Gute Nachfolgekommunikation bedeutet, den Blick nach vorn zu richten und hilft den Stakeholdern, den Eigentümerwechsel zu verstehen. Eine kompetent vorbereitete Kommunikationsstrategie baut Unsicherheiten und Bedenken ab und erzeugt im besten Fall Aufbruchstimmung. Für den Übergeber bedeutet dies, die Gründe für die Entscheidung darzulegen, den Mitarbeitern Dank auszudrücken und um Vertrauen in die neuen Gesellschafter zu werben. Die Übergeber sollten ihre Wertschätzung für den Übernehmer ausdrücken und eine klare Zukunftsvision beschreiben. Hierbei sollte die aktuelle Situation des Unternehmens Berücksichtigung finden und vor allem auf den Standort, die Arbeitsplätze und die Zukunftsausrichtung eingegangen werden.
- Den richtigen Zeitpunkt wählen: Das richtige Timing ist sicherlich eine der größten Herausforderungen in der Kommunikation einer Unternehmensnachfolge. Schließlich sollten Sie immer ein Scheitern Ihres Nachfolgeprojekts vor dem Signing oder Closing einkalkulieren. Empfehlenswert ist die persönliche Verkündung des Unternehmensverkaufs am Tag der Unterschrift (Signing) oder dem darauffolgenden Tag. Hier hat es sich insbesondere bei kleineren Unternehmen bewährt, diese Nachricht in Anwesenheit von Übergeber und Nachfolger vorzunehmen. Über eine Sperrfrist sollten Medien und Berater angehalten werden, erst nach der erfolgten Mitarbeiterinformation über die Unternehmensnachfolge zu kommunizieren.
- Die Kommunikationskanäle und die Rollenverteilung festlegen: Eine Unternehmensnachfolge kann auf vielen Wegen verkündet werden. Je nach individueller Situation sind dafür im Mittelstand persönliche Gespräche, Teamsitzungen oder Betriebsversammlungen geeignet. Bei größeren Unternehmen gibt es zudem die Meldung im Intranet, eine außerplanmäßige Mitarbeiterinformation per E-Mail oder ganz klassisch eine Sonderausgabe der Mitarbeiterzeitung. Ergänzt werden kann dies durch ein Gespräch mit der Lokalzeitung oder einem Branchenmedium, in dem Sie die aktuelle Situation und die Strategie nach der Übernahme erläutern. Dabei muss der Kommunikationsstil zur Unternehmenskultur und letztlich zur Persönlichkeit des Übernehmers bzw. des neuen Managements passen. Hier zählt Authentizität mehr als Formalismus. Auch sind symbolische Gesten – wie z. B. die Übergabe eines Staffelstabes an die neuen Eigentümer – nicht zu unterschätzen.
Fazit:
Durch die Einschaltung eines transaktionserfahrenen Beraters bleiben die Anonymität des Verkäufers und des Erwerbers gewahrt. Dieser Filter, der sowohl für den Verkäufer als auch für den potentiellen Erwerber Diskretion und Anonymität garantiert, ist von unschätzbarem Wert. Und zu guter Letzt: Feiern Sie die Transaktion zünftig und laden Sie die Presse ein – aber erst, wenn die Tinte trocken ist!
Herzlichst, Ihr Wolfgang Bürger
Sie haben vertrauliche Fragen? Ich freu mich auf Ihre Zuschriften per E-Mail an:
buerger@kern-unternehmensnachfolge.com
Autor:
Wolfgang A. Bürger
Rechtlich selbständiger Partner bei KERN, Unternehmensnachfolge. Erfolgreicher.
Verantwortlich für die Standorte Nürnberg und Würzburg
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