Ein Beitrag von Oliver Unterburger
Wenn ich an meine Projekte in den letzten Jahren zurückdenke, gibt es immer wieder ein Phänomen, das hierzulande unter dem Begriff „Silo-Denken“ zusammengefasst wird. Damit ist gemeint, dass jede Abteilung eines Unternehmens – aus guten Gründen – ihre eigenen Ziele verfolgt und forciert, ohne auf die Belange anderer Abteilungen Rücksicht zu nehmen bzw. die Ziele und Erfordernisse anderer Abteilungen im Blick zu behalten.
Im ungünstigsten Fall entsteht eine Situation, dass jede Abteilung ihre fachlichen Ziele erreicht oder übererfüllt, das gesamte Unternehmen seine Ziele hingegen nicht erreicht oder an den ursprünglich gesteckten Zielen mehr oder weniger scheitert.
Beispiel gefällig?
In einem meiner Projekte war für die Bereitstellung der Dienstleistung des Unternehmens zunächst ein regionaler technischer Ausbau erforderlich. War dieser Ausbau erfolgt, konnte den Kunden ein umfassendes Dienstleistungspaket verkauft und zur Verfügung gestellt werden.
Der technische Bereich des Unternehmens hatte als Ziel, möglichst schnell eine möglichst große Region technisch auszubauen. Der Vertrieb wiederum hatte das Ziel, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Vorab-Verträge mit potentiellen Kunden abzuschließen.
Unglücklicherweise gab es zwischen den Zielen des technischen Bereiches und denen des Vertriebs keine direkte Verknüpfung. Im Ergebnis wurden in beiden Bereichen die Ziele jeweils erfüllt, zum Teil sogar überfüllt. Der Haken: Die regionalen Gebiete, in denen der technische Ausbau erfolgt war, waren nicht deckungsgleich mit den regionalen Gebieten, in denen erfolgreich Vorab-Verträge abgeschlossen waren.
Im ungünstigen Fall hatte also ein potentieller Kunde bereits einen Vorab-Vertrag abgeschlossen, dieser konnte aber nicht in Kraft treten, da in der entsprechenden Region die technischen Voraussetzungen fehlten. Alternativ hatte ein Kunde in seiner Region die technischen Voraussetzungen, es war ihm aber noch gar kein Vertrag angeboten worden.
Das fatale Ergebnis: Die hochgesteckten Ziele des Gesamtunternehmens konnten aufgrund dieser Konstellation nicht erreicht werden. Dieser Effekt trat jedoch nicht sofort, sondern erst im Laufe des Geschäftsjahres nach und nach zu Tage. Als es dann im Herbst um die Budgetplanung für das folgende Geschäftsjahr ging und man gleichzeitig eine Vorschau für das Jahresende erstellen wollte, kam die ganze Tragik zum Vorschein.
Weiteres Beispiel:
In einem Sondermaschinenbau-Unternehmen hatte der technische Bereich das Ziel, mit möglichst wenig Konstruktionsstunden möglichst viele (auftragsbezogene) technische Probleme zu lösen. Der Vertrieb hingegen hatte das Ziel, möglichst viel Umsatz zu erzielen.
Im Laufe des Geschäftsjahres stellte sich nach und nach die Situation ein, dass der Vertrieb mehrere große und sehr komplexe Anlagen verkaufte und sich über den entsprechend hohen Umsatz freute, der technische Bereich hingegen aufgrund der sehr komplexen und individuellen Anforderungen der Kundenprojekte mit der Konstruktion technischer Lösungen gar nicht mehr nachkam.
Der technische Bereich wünschte sich somit kleinere Aufträge mit tendenziell geringerer technischer Komplexität, der Vertrieb hingegen größere Aufträge mit höherem Umsatzpotenzial. Im Ergebnis kam es zu zahlreichen Liefertermin-Verschiebungen, technischen Problemen und mitunter hoher Unzufriedenheit der Kunden.
Warum schreibe ich das?
Die besten bereichs- oder abteilungsbezogenen Ziele nützen einem nichts, wenn durch das ausschließlich abteilungsbezogene Denken und Handeln (Silo -Denken) die Ziele des Gesamtunternehmens nicht erreicht werden können.
Deshalb sollte man im Idealfall nicht nur bereichs- oder abteilungsbezogene Ziele definieren, sondern auch entsprechende übergreifende Ziele. Dies könnte im Idealfall eine Kombination aus technischen und vertrieblichen Zielen sein, die beide Bereiche bzw. Abteilungen gemeinsam erzielen sollen.
Es ist natürlich leichter, dies in der Theorie zu fordern, als in der Praxis konkret umzusetzen. Dennoch sollte man diesen Aufwand nicht scheuen. In den konkreten Beispielen haben wir jeweils den technischen Bereich und den Vertrieb an einen Tisch gesetzt, die Ziele, aber auch die entsprechenden Sorgen und Nöte der jeweiligen Bereiche offen angesprochen, und sind zu einer konstruktiven und zielführenden Lösung gelangt. Diese Vorgehensweise kann ich nur jedem Unternehmen empfehlen.
Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Unternehmen bei der Bekämpfung von Silo-Denken in den jeweiligen Abteilungen möglicherweise noch „Luft nach oben“ hat und Sie Wert auf den „Blick von außen“ legen, sprechen Sie mich gerne an. Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen.
Kontakt:
Oliver Unterburger – CONSULTING
Beratung für kleine und mittelständische Unternehmen
Frankenstr. 50, 95448 Bayreuth
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